Biographische und künstlerische Spuren der MGM-Pianistin Lela Simone in (pseudo)diegetischer Musik für Albert Lewins the PICTURE OF DORIAN GRAY (1945)
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https://doi.org/10.59056/kbzf.2023.17.p213-240Schlagworte:
Albert Lewin, Lela Simone, (pseudo)diegetische MusikAbstract
In Albert Lewins Film the picture of dorian gray (1945) nach Oscar Wilde wird sowohl Kunstmusik als auch populäre Musik leitmotivartig als (pseudo)diegetische Musik eingesetzt. Chopins Prélude op. 28, Nr. 24 fungiert – analog zu Deutungen des Werks in der Musikliteratur – als Charakterisierung des Todes. Dem hofft der Protagonist dieses Films durch das Verpfänden seiner Seele zu entgehen, doch die erlangte ewige Jugend erkauft er teuer: Die von ihm geliebte Sängerin Sybil Vane begeht Selbstmord und seinen besten Freund muss er töten, um sein Geheimnis zu wahren. Das diegetisch zu verstehende Prélude ist nicht nur Gegenstand eines Dialogs zwischen Gray und Vane, sondern sein Erklingen hilft Vanes Bruder James später, Gray wiederzufinden. Die Pianistin Lela Simone (1907–1991), ansonsten für MGM-Musicalfilme tätig, hat zum einen dieses Prélude mit den verschiedenen Darstellern filmisch synchronisiert, zum anderen ihre eigene Interpretation und verschiedentlich sinnvolle Kürzung des Werks dramaturgisch mit dem 1. Satz aus Beethovens Klaviersonate op. 27, Nr. 2 verschmolzen, einem ebenfalls trauerbezogenen Stück. Diese Kunstmusik-Verwendung Simones, einst vom Chopin-Spezialisten Leonid Kreutzer in Berlin ausgebildet, kann man als Kompensation ihrer künstlerischen Entfaltungsmöglichkeit im US-Exil verstehen, zumal im Jahr 1945. Für Sybil Vanes Leitmotiv, den Song »Little Yellow Bird« von Clarence W. Murphy und William Hargreaves, synchronisierte Simone vier verschiedene im Film agierende Pianistinnen und Pianisten. Simones Erinnerungen geben auch Einblick in die Entstehung des nicht durch alle Darstellerinnen selbst gesungenen Soundtracks. Der Gegenstand dieses Songs, der Verzicht auf ein Leben in Wohlstand und Gebundenheit zugunsten der eigenen Freiheit, wird sogar nichtklingend in Form von Musiknoten repräsentiert. Alle diegetisch vermeintlich wechselnden Interpretinnen und Interpreten dieses Songs im Film zahlen einen hohen Preis für ihren Verzicht auf Freiheit.
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